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Erste Synode des vereinigten Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein

30.11.2023

Die erste Synode des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein fand in der CVJM-Jugendbildungsstätte in Wilgersdorf statt.
© Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein
Die erste Synode des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein fand in der CVJM-Jugendbildungsstätte in Wilgersdorf statt.

Es war die erste gemeinsame beschlussfassende Kreissynode des im Januar vereinigten Evangelischen Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein. 128 stimmberechtigte Synodale fanden ihren Weg trotz Schneefall in die CVJM-Bildungsstätte in Wilgersdorf. „Diese Synode ist etwas ungewöhnlicher – und das nicht nur wegen des Wetters“, fasste es Superintendent Peter-Thomas Stuberg zusammen. Der Verdacht von Fällen sexualisierter Gewalt im Kirchenkreis und der damit verbundene Rücktritt der EKD-Ratsvorsitzenden und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, prägte auch die Tagung der Kreissynode. Peter-Thomas Stuberg hob in seinem Bericht hervor, dass der Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein die Schilderungen der Betroffenen sehr ernst nehme. „Sie haben einen Anspruch auf Aufklärung und Antworten.“ Deshalb werde eine professionelle und externe Aufklärung aller Sachverhalte erfolgen. Die Landeskirche werde dafür eine unabhängige Aufarbeitungskommission beauftragen. Dabei würden „auch Umstände in den Blick genommen, die nicht justitiabel sein mögen“. Der Kirchenkreis habe unter seiner Verantwortung bereits Anfang des Jahres unverzüglich die Ermittlungsbehörden eingeschaltet, nachdem ihm die Verdachtsmomente um einen ehemaligen kirchlichen Mitarbeiter von der Meldestelle mitgeteilt worden seien, führte der Superintendent aus. Die Staatsanwaltschaft habe die Ermittlungen aufgenommen. Sie sei Herrin des Verfahrens und die zuständige Behörde für die Ermittlung aller Sachverhalte und der daraus folgenden Konsequenzen.

Keine Toleranz und Relativierung

Im Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein wurde nach den Vorgaben des Interventionsleitfadens der Evangelischen Kirche von Westfalen ein Interventionsteam eingerichtet. „Ein Interventionsteam besteht aus Vertretern des Leitungsorgans, einer unabhängigen Fachberatung, Vertretern der Öffentlichkeitsarbeit und erhält bei Bedarf juristische Unterstützung. Unter externer Moderation hält dieses Team den Fortgang aller Ereignisse im Blick und prüft eventuelle Schritte im Rahmen dessen, was rechtlich geboten ist“, erklärte Peter-Thomas Stuberg. Er machte deutlich: „Sexualisierte Gewalt darf keinen Raum in der Kirche bekommen und wo Gegenteiliges geschehen ist, darf es keine Toleranz und keine Relativierung geben.“ Deshalb werde auch die Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt im Kirchenkreis weiter fortgesetzt. Kirchengemeinden seien verpflichtet, ein Schutzkonzept zur Prävention von sexualisierter Gewalt zu erstellen. Alle Haupt- und Ehrenamtlichen werden geschult und müssen ein erweitertes Führungszeugnis für ihren Dienst in der Kirche vorlegen. Die Präventionsfachkräfte des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein Inge Breichler und Manuela Kazalla haben seit Beginn der Schulungen im Dezember 2022 bereits rund 1200 Mitarbeitende nach dem zertifizierten Leitfaden „Hinschauen, helfen, handeln“ geschult.

Landeskirche verspricht Aufklärung

Der Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein, Andreas Müller, sagte in seinem Grußwort an die Synode: „Die Frage der sexualisierten Gewalt treibt die Gesellschaft um. Zu Recht.“ Jeder und jede müsste sich fragen: „Haben wir genug hingesehen? Waren wir sensibel genug?“ Es sei gut, dass die EKD Schutzkonzepte erstelle. Seine Eindrücke von der Landessynode brachte Dr. Jan-Dirk Döhling, Landeskirchenrat der Evangelische Kirche von Westfalen, mit. Über die Missbrauchsvorwürfe sei man „erschüttert, entsetzt, betroffen, wütend und beschämt“. Er bekräftigte, dass die Landeskirche für die Betroffenen alles daran setze, allen Verdachtsfällen nachzugehen. Er versprach eine uneingeschränkte Aufklärung. „Die EKvW will und muss ein sicherer Ort vor sexualisierter Gewalt sein“, betonte Dr. Jan-Dirk Döhling. Er berichtete von der Betroffenheit, die der Rücktritt von Annette Kurschuss ausgelöst hatte. Es werde Zeit brauchen, um diesen zu be- und verarbeiten. Er sprach seinen Dank und Respekt für Annette Kurschus und ihre Arbeit aus. Sie sei eine „Kirchenleiterin mit großem Herz“ gewesen.

Die Verbundenheit zu ihr brachte auch Peter-Thomas Stuberg in seinem Bericht zum Ausdruck. Ihr Rücktritt habe viele Menschen nicht nur in Siegen-Wittgenstein sehr betroffen gemacht. „Es hat uns in der Kirche erschüttert.“ Der Superintendent erinnerte an ihre hohen Verdienste als Theologin, daran, dass sie eine sehr geachtete Seelsorgerin, Pfarrerin und eine Ausnahmepredigerin mit großer Orientierungskraft sei. „Der Segen ihres Wirkens ist nicht zu übersehen. Dafür sind wir ihr sehr dankbar.“ Sie brauche jetzt Zuspruch und Gebet. „Auch und gerade von uns.“ Aus den Reihen der Synodalen wurde „ein Wort der geschwisterlichen Solidarität aus dem Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein“ gefordert.

Kirche leistet wichtigen Beitrag für die Gesellschaft

Der Übergang vom Thema der sexualisierten Gewalt zu anderen Themen fiel schwer. Es sind einige Herausforderungen, denen sich der Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein derzeit stellt und zukünftig stellen muss. Peter-Thomas Stuberg ging auf die neueste Kirchenmitgliederstudie ein. Sie zeige, dass „Glaube, Religion und kirchliche Bindung erkennbar und in erschreckendem Ausmaß nachlassen“. Dabei sagten sogar Menschen ohne inneren Bezug zum christlichen Glauben und zur Kirche oftmals, dass gerade die Kirche einen wichtigen, sogar unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft leiste. Das hob auch Landrat Andreas Müller hervor: Die Kirche spiele eine entscheidende Rolle für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Es brauche das Engagement aktiver Christinnen und Christen. „Ihr seid das Salz der Erde“, so der Landrat.  

Hoffnung und Aufbruchsstimmung

Bereits zu Beginn der Synode hatten die beiden Pfarrerinnen Berit Nolting und Claudia Latzel-Binder in ihrer Andacht deutlich gemacht: Die Menschen brauchen eine Perspektive und Hoffnung, auch und gerade in schweren Zeiten. Dass es die gibt – nicht nur in Bezug auf den Glauben –, davon berichtete Peter-Thomas Stuberg mit einer eindrücklichen Szene von einem Besuch im Abenteuerdorf Wittgenstein in Wemlighausen. Rund 60 Jugendliche aus dem Siegerland, dem Wittgensteiner Raum und dem Sauerland waren dort im Oktober zusammengekommen, um an einer Schulung des Jugendreferates teilzunehmen. Eine Woche lang wurden sie geschult für ihre ehrenamtliche Mitarbeit im Kinder- und Jugendbereich. Diese „Aufbruchsstimmung“ in rustikaler Umgebung bewegte den Superintendenten. „Ohne dass sie darüber sprechen, gestalten die Jugendlichen Kirche, ihre Kirche. Und ich habe den Eindruck: Da wächst er heran, der neue Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein.“

Sarah Panthel

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