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Synode: Kirche wird kleiner, bleibt aber wirksam

24.11.2022

Superintendent Peter-Thomas Stuberg auf der Herbstsynode 2022 in Wilgersdorf.
Superintendent Peter-Thomas Stuberg auf der Herbstsynode 2022 in Wilgersdorf.

Die Kirche wird kleiner, entfaltet aber nach Meinung von Superintendent Peter-Thomas Stuberg weiterhin Wirkung für und auf die Menschen im Siegerland. Immer wieder höre er von kleinen und unscheinbaren, aber gleichwohl wertvollen Lichtmomenten, die einzelne Menschen in der Kirche erlebten, sagte der leitende Theologe des Evangelischen Kirchenkreises Siegen am Mittwoch in seinem Bericht auf der Kreissynode in der CVJM-Bildungsstätte in Wilgersdorf. „Ja, wir werden kleiner, aber trotzdem nicht unwirksam!“ Entgegen der allgemeinen Wahrnehmung von rückläufiger Mitgliederbindung nähmen die Kirchengemeinden umgekehrt auch wahr, dass die Menschen in den kleiner gewordenen Angeboten ganz neue, aber dafür umso intensivere und persönlichere Erfahrungen machten und sich berühren ließen von der biblischen Botschaft. Die kirchlichen Mitarbeitenden koste es zwar Kraft, immer wieder punktuelle Projekte zu entwickeln, um damit verschiedene Menschen ganz individuell anzusprechen. Sie dürften sich dabei aber auf Christus als den Herrn der Kirche verlassen: „In unserem Vertrauen in Gottes Zusagen liegt der Schlüssel zur Glaubwürdigkeit unserer kirchlichen Arbeit – wie weit wir persönlich vertrauen gegen allen Augenschein.“

Volkskirche im Verminderungsprozess

Stuberg räumte dabei ein, dass die Kirche derzeit einen deutlichen Gegenwind erlebe. „Deutlich weniger Menschen lassen sich zu Gottesdiensten und Veranstaltungen einladen als vor drei Jahren noch.“ Corona habe die Menschen von Präsenzveranstaltungen „entwöhnt“, das erlebten auch Kultureinrichtungen wie Theater oder Konzerthallen. Hinzu komme aber etwas Tieferliegendes: „Nicht wenige sagen, der Glaube in der Kirche sei ihnen fremd und sogar gleichgültig.“ Viele Menschen, gerade der jüngeren Generation, verließen die Kirche. In diesem Jahr sei ein deutlicher Zuwachs an Austritten zu verzeichnen – mutmaßlich auch bedingt durch die steigenden Energiekosten, wegen derer Menschen Einsparmöglichkeiten in anderen Bereichen suchten. Beschleunigt werde dieser Verminderungsprozess der Volkskirche zusätzlich durch die Berichte über die institutionell begünstigte sexualisierte Gewalt vor allem in der katholischen Kirche, aber auch in der evangelischen Kirche. Stuberg betonte, die evangelische Kirche wolle ihrer Verantwortung in diesem Bereich gerecht werden: Zuletzt hat auch der Kirchenkreis Siegen seine Präventions- und Schulungsmaßnahmen deutlich verstärkt, alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden müssen in den nächsten Monaten verpflichtend Fortbildungen besuchen. „Solche Bemühungen, die uns eigens ein Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt vorschreibt, werden leider von den anhaltend verstörenden Nachrichten aus dem Erzbistum Köln überschattet“, bedauerte der Superintendent. „Hier werden wir in den Augen der Öffentlichkeit unterschiedslos nur noch als ‚die Kirche‘ wahrgenommen.“ Die katholischen Gemeinden und das Dekanat in Siegen und Olpe nahm Stuberg dabei ausdrücklich aus und lobte die gute ökumenische Zusammenarbeit in der Region.

Der Kreissynodalvorstand bei der Sitzung der Kreissynode am 23. November in Wilgersdorf.
Der Kreissynodalvorstand bei der Sitzung der Kreissynode am 23. November in Wilgersdorf.

Bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen soll laut Stuberg nicht nur die anstehende Vereinigung mit dem Nachbarkirchenkreis Wittgenstein helfen, zu deren endgültiger Umsetzung die Synode mehrere Beschlüsse fasste. Auch für die Arbeit in Zeiten eines zunehmenden Pfarrermangels stellt sich der Kirchenkreis Siegen zurzeit auf. Interprofessionelle Pastoralteams, wie sie unter anderem schon in Wittgenstein im Einsatz sind, sollen sich bald bei Bedarf auch im Siegerland und Olper Raum bilden. Dabei werden freie Pfarrstellen in Gemeinden mit mehreren Pfarrstellen etwa mit Gemeindepädagoginnen oder -pädagogen, Diakoninnen und Diakonen oder aber Gemeindemanagerinnen und -managern besetzt, die mit der Pfarrperson eng zusammenarbeiten. Besonders das Arbeitsfeld des Gemeindemanagers stoße in den Kirchengemeinden auf Interesse, berichtete Stuberg. „Dabei liegt die Stellenbeschreibung für diese Person schwerpunktmäßig im Bereich der Verwaltung, also der Unterstützung des Presbyteriums, seiner Vorsitzenden oder der Kirchmeister und -meisterinnen“, sagte der Superintendent. Er habe zusammen mit Verwaltungsleiter Oliver Berg und dem Leiter des Jugendreferats, Volker Peterek, ein Papier erarbeitet, in dem die Tätigkeiten der verschiedenen Berufsgruppen in Interprofessionellen Pastoralteams beschrieben und aufeinander bezogen werden und das im kommenden Jahr im vereinigten Kirchenkreis weiter beraten werden soll.

Erfreuliche Nachricht für Kaan-Marienborn

Dass der Pfarrermangel sich im Siegerland schon jetzt auswirkt, zeigte auch Stubergs Bericht über die personellen Veränderungen im Kirchenkreis. Mehrere Pfarrer im Schul-, aber auch im Gemeindedienst sind in diesem Jahr pensioniert worden. Während zwei Schulpfarrstellen künftig durch Religionslehrer ersetzt werden, sind zurzeit mehrere Pfarrstellen in Gemeinden zur Wiederbesetzung ausgeschrieben. Hier konnte der Superintendent zumindest eine erfreuliche Nachricht vermelden: In der Kirchengemeinde Kaan-Marienborn, die Pfarrer Gerhard Utsch im Juli verabschiedet hat, soll voraussichtlich zum 1. April 2023 eine Pfarrerin im Probedienst im Umfang von 75 Prozent die Arbeit aufnehmen.

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