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Synode IV: Stellungnahmeverfahren zu verschiedenen Vorhaben der Landessynode
Kirchenkreis Siegen befürwortete unter anderem Trauungen von gleichgeschlechtlichen Paaren

28.6.2019

Nach intensiver Diskussion hat sich die Synode des Evangelischen Kirchenkreises Siegen am Mittwoch für eine kirchliche Trauung homosexueller Paare ausgesprochen. Das oberste Leitungsgremium des Kirchenkreises befürwortete bei seiner Tagung in Wilgersdorf mit knapper Mehrheit eine geplante Änderung der Kirchenordnung der Evangelischen Kirche von Westfalen. Demnach könnten künftig in der westfälischen Landeskirche alle Paare getraut werden, die nach staatlichem Recht geheiratet haben – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Die Änderung der Kirchenordnung tritt allerdings nur in Kraft, wenn sie im November von der westfälischen Landessynode beschlossen wird. Im Vorfeld waren alle westfälischen Kirchengemeinden über ihre Kreissynoden um Stellungnahme gebeten worden.

Bislang gibt es in der Evangelischen Kirche von Westfalen bereits Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, die aber der Trauung nicht gleichgestellt sind. Wie zuvor bei Segnungsgottesdiensten sollen Pfarrer künftig auch gleichgeschlechtliche Trauungen aus Gewissensgründen ablehnen können. In diesem Fall müsste der Kirchenkreis eine andere Lösung finden, um die Trauung zu ermöglichen.

 

Synodalassessor Rolf Fersterra warb in seiner Einbringungsrede für eine Gleichstellung von homosexuellen und heterosexuellen Lebensgemeinschaften in der Kirche. „Wo Liebe gelingt, ist sie immer ein Geschenk eines Gottes, der selbst die Liebe ist. Das erleben Menschen egal, ob sie gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts sind.“ Fersterra, der auch Pfarrer der Gemeinde Niederschelderhütte ist, warnte davor, die Änderung als Beugung vor dem Zeitgeist zu sehen. „Die Neufassung der Trauordnung ist kein Kniefall vor dem Zeitgeist, sondern ein nach langer Auseinandersetzung gewonnener Meilenstein evangelischer Ethik“, sagte Fersterra. Die Kirche habe in der Auseinandersetzung mit dem Thema Homosexualität irgendwann angefangen, mit den betroffenen Menschen zu reden, anstatt nur über sie zu sprechen. „Für fast alle, die sich diesem Gespräch gestellt haben, war es mit Erkenntnis verbunden, dass Homosexuelle abgesehen von ihrer geschlechtlichen Orientierung genauso leben und lieben wie heterosexuelle Paare.“

Die vorgesehene Änderung, die auf der westfälischen Landessynode im November in Bielefeld zur Abstimmung steht, stieß aber auch auf Widerspruch in einigen Kirchengemeinden. Einige Synodale äußerten aus ihrem biblischen Verständnis heraus Bedenken gegen eine Gleichstellung homosexueller und heterosexueller Ehen. Die Presbyterien der Kirchengemeinden Rödgen-Wilnsdorf, Burbach, Oberfischbach und Trupbach lehnten eine kirchliche Trauung gleichgeschlechtlicher Paare ab oder äußerten sich kritisch. Andere Presbyterien waren in der Frage geteilter Meinung. Nach intensiver Diskussion stimmte die Synode der geplanten Änderung mit 46 Ja-Stimmen zu. Es gab 33 Gegenstimmen und 23 Enthaltungen.

Die geplante Änderung der Kirchenordnung sieht auch vor, dass in der westfälischen Landeskirche künftig auch Paare kirchlich getraut werden können, bei denen ein Partner ungetauft oder aus der Kirche ausgetreten ist. Keine Mehrheit erhielt in der Synode ein Vorschlag, generell statt des Begriffs „Trauung“ den Begriff „Segnungsgottesdienst anlässlich einer Eheschließung“ zu benutzen.

 

In mehreren sogenannten Stellungnahmeverfahren beriet die Kreissynode auch über weitere geplante Änderungen in der westfälischen Landeskirche, unter anderem beim Abendmahl und bei der Zusammensetzung der Kirchenleitung. Die Siegener Synodalen stimmten dem Vorschlag der Landeskirche zu, künftig beim Abendmahl regulär neben Wein auch Traubensaft auszuteilen. Zudem sollen nach dem Vorschlag der Landeskirche in Zukunft alle getauften Kinder regulär zum Abendmahl eingeladen werden, auch wenn sie noch nicht konfirmiert sind. Die Siegener Kreissynode bat die Landeskirche zu prüfen, ob auch ungetaufte Katechumenen bereits zum Abendmahl eingeladen sind. Als Katechumenen werden Jugendliche bezeichnet, sie sich auf ihre Konfirmation vorbereiten.

 

Auch die geplante Verkleinerung der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen von 18 auf 14 Mitglieder stößt im Kirchenkreis Siegen auf breite Zustimmung. Die Kreissynode sprach sich dafür aus, dabei die Zahl der Oberkirchenrätinnen und Oberkirchenräte, die hauptamtlich Mitglied der Kirchenleitung sind, von drei auf eins zu reduzieren. Die Zahl der nebenamtlichen theologischen Kirchenleitungsmitglieder bliebe nach diesem Vorschlag unverändert, die Zahl der Gemeindeglieder würde von acht auf sechs sinken. Die Synode befürwortete auch die geplante Anpassung der Verwaltungsorganisation in der westfälischen Landeskirche. Der Änderung des landeskirchlichen Pfarrstellenbesetzungsgesetzes stimmten die Synodalen zu. Sie forderten allerdings eine Streichung der generellen Befristung von Kreispfarrstellen auf acht Jahre und lehnten zudem die Möglichkeit ab, dass die Landeskirche weitere Bestimmungen zur Ergänzung des Gesetzes erlassen kann.

 

Mit Blick auf die Vielzahl der landeskirchlichen Stellungnahmeverfahren folgte das oberste Leitungsgremium des Kirchenkreises Siegen einem Antrag der Kirchengemeinde Burbach: Die Gemeinde kritisierte darin die hohe Zahl der landeskirchlichen Vorlagen, die ihre Presbyterien binnen weniger Wochen beraten mussten. Die Synodalen baten die westfälische Kirchenleitung, den Presbyterien künftig ausreichend Zeit für die Beratung von Vorlagen zu geben.

 

Synodalassessor Pfr. Rolf Fersterra brachte die gesammelten Stellungnahmen der Kirchengemeinden vor die Synode.

 

Text: Jasmin Maxwell-Klein

Fotos: Lana Hasenbusch

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